Pflichtteilsergänzung

Pflichtteilsergänzung

Der Pflichtteilergänzungsanspruch Gesetzliche Erben, die durch den Erblasser aufgrund gewillkürter Erbfolge (bspw. Testament) enterbt worden sind, haben einen Pflichtteilsanspruch in Höhe der Hälfte ihres gesetzlichen Erbanspruchs.

Lesen Sie für weitere Informationen zum Pflichtteilsanspruch unseren Beitrag Grundlagen des Pflichtteilsrechts, Berechnung Sie Ihren Pflichtteilsanspruch mit unserem Pflichtteilsrechner.

Der Pflichtteilsanspruch ist nur in sehr wenigen Fällen dem Pflichtteilsberechtigten zu entziehen.

Kann der Erblasser den Pflichtteilsanspruch nicht entziehen, wird häufig versucht zu Lebzeiten durch Schenkung den Nachlass zu verringern, so dass auch der Pflichtteil geringer wird.

In solchen Fällen kann der Pflichtteilsberechtigte vom Erben und unter bestimmten Umständen vom Beschenkten einen Pflichtteilsergänzungsanspruch fordern.

Den Pflichtteilsergänzungsanspruch kann auch fordern, wer zwar Erbe geworden ist, der Nachlass aber durch eine Schenkung zu Lebzeiten des Erblassers ebenso geschmälert ist.

 

Höhe des Anspruchs

Der Pflichtteilsanspruch bestimmt sich der Höhe nach in der Höhe des Anspruchs, der sich ergeben würde, würde man den Wert des Geschenks dem Nachlass hinzurechnen.

Der Erblasser hat Barvermögen in Höhe von EUR 110.000,00 und verschenkt 2 Wochen vor seinem Tod den Betrag von EUR 100.000,00 an seine Ehefrau. Er hat seinen Sohn Enterbt, seine Ehefrau ist Alleinerbin.

Der Wert des Nachlasses ist EUR 10.000,00. Der Pflichtteil des Sohns beträgt ¼ am Nachlass, also EUR 2.500,00.

Wird der geschenkte Betrag hinzugerechnet, würde der Wert des fiktiven Nachlasses EUR 110.000,00 betragen. Der fiktive Pflichtteil hieran würde ebenfalls ¼, also EUR 27.500,00.

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch ist die Wertdifferenz zwischen dem fiktiven Pflichtteil und dem tatsächlichen Pflichtteil, also EUR 25.000,00.

Bei verbrauchbaren Sachen ist diese Berechnung recht einfach, da diese mit dem Wert zu berücksichtigen sind, der ihnen zum Zeitpunkt der Schenkung zukommt.

Komplizierter wird es bei Immobilie, diese sind entweder mit dem Wert zur Zeit der Schenkung oder mit dem Wert zum Zeitpunkt des Erbfalls zu berücksichtigen, je nachdem welcher der beiden Werte geringer ist (sog. Niederwertprinzip).

 

Zu berücksichtigende Ansprüche

Zu berücksichtigen sind hier alle Schenkungen des Erblassers in den letzten 10 Jahren vor dem Erbfall, die nicht durch eine sittliche Anstandspflicht (bspw. Geburtstags-, Weihnachtsgeschenke, etc.) hingegeben worden sind.

Als Besonderheit ist dabei zu beachten, dass der geschenkte Gegenstand tatsächlich auch aus dem Vermögen des Erblassers weggegeben worden ist. Dies bedeutet, dass trotz der Schenkung die 10-Jahres-Frist dann nicht zu laufen beginnt, wenn der Erblasser sich bei der Schenkung umfangreiche Rechte an dem geschenkten Gegenstand vorbehalten hat.

Auch bei Ehegatten beginnt die Frist erst mit der Auflösung der Ehe. Dies wird häufig bei der Übertragung von Miteigentum an der ehegemeinsamen Immobilie sowie der Verfassung von Testamenten durch Ehegatten übersehen, was bei der Beendigung durch den Tod eines Ehegatten zu unliebsamen Überraschungen führen kann.

Für Erbfälle seit dem Januar 2010 gilt zudem die sogenannte pro-rata-temporis Regelung. Danach ist der Wert des Geschenks für die Berechnung des Ergänzungsanspruchs um jährlich 10% zu verringern.

Der Erblasser schenkt seiner Schwester im Jahr 2005 einen Betrag von EUR 100.000,00. Er verstirbt im Jahr 2011 und wird von seiner alleine Ehefrau beerbt. Bei seinem Tod war der Erblasser mittellos.

Die Ehefrau hat gegen die Schwester des Erblassers einen Pflichtteilsergänzungsanspruch in Höhe der Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils, also in Höhe von 50% des Nachlasswerts.

Seit der Schenkung sind 6 Jahre vergangen, so dass vom Wert des Geschenks 60% in Abzug zu bringen sind. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch beträgt danach EUR 40.000,00 / 2 = EUR 20.000,00.

Der Pflichtteilsberechtigte hat sich allerdings Eigengeschenke, die er vom Erblasser erhalten hat in selbst in Abzug bringen zu lassen.

Zur besseren Veranschaulichung sind die dargestellten Fälle stark vereinfacht. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch stellt eine der schwierigsten Problemkreise des Pflichtteilsrechts dar. In jedem Fall sollte in diesen Fällen der Rat eines erbrechtlich versierten Anwalts in Anspruch genommen werden.