Erbrechtliche Irrtümer

Erbrechtliche Irrtümer

Häufige Mißverständisse im Erbrecht – aufgeklärt und erläutert

 

Die Schriftform

Ein immer noch häufiger bei der Errichtung eines Testaments gemachter Fehler ist die Nichtbeachtung der gesetzlich vorgeschriebenen Form.

Das Gesetz ermöglicht es dem Verfügenden zwar alleine und zu Hause seinen letzten Willen zu verfassen, knüpft hieran aber besondere Bedingungen.

Häufig werden von Verfügenden der besseren Lesbarkeit wegen Testamente mit der Schreibmaschine oder dem Computer errichtet und diese maschinenschriftlichen Dokumente dann nur noch unterzeichnet.

Die so errichteten Testamente sind unwirksam. Ein Testament ist eigenhändig handschriftlich zu errichten und zu unterzeichnen. Die bloße Unterzeichnung eines maschinengeschriebenen Schriftstücks genügt nicht.

Ist die Formstrenge gewahrt kann aber dem eigenhändigen Testament eine maschinenschriftliche Leseabschrift hinzugefügt werden.

Eine Ausnahme besteht hier lediglich in der Errichtung notarieller Testamente und beim Ehegattentestament.

Beim notariellen Testament genügt die Unterzeichnung des durch den Notar errichteten Schriftstücks, beim Ehegattentestament kann einer der Ehegatten das vom andern Ehegatten errichtete Testament unterzeichnen.

Lesen Sie hierzu unseren Fachbeitrag zur Errichtung eines Testaments.

 

Datum & Ortsangabe

Die Angaben des Tags und des Orts der Errichtung sind bei Testamenten keine Pflichtangaben. Diese Angaben sind, insbesondere wenn mehrere Testamente vorhanden sind, hilfreich. Fehlen sie ist das Testament aber dennoch gültig.

 

Einzelzuwendungen

Im (deutschen) Erbrecht gilt der strenge Grundsatz der Universalsukzession. Dieser Grundsatz bestimmt, dass der Verfügende seinen Nachlass nur im Gesamten (en bloc) an den oder die Erben übertragen kann. Eine Zuwendung einzelner Gegenstände aus dem Nachlass im Wege der Erbeinsetzung ist nicht möglich. Will der Verfügende bestimmten Personen bestimmte Gegenstände zuwenden, kann er dies über die Errichtung eines Vermächtnisses oder der Errichtung einer Auseinandersetzungsbestimmung erreichen.

Lesen Sie hierzu unseren Fachbeitrag zum Vermächtnis.

 

Auseinandersetzungsbestimmung

Hat der Verfügende in seinem Testament mehrere Erben bedacht kann, finden sich häufig auch Regelungen, wie der Nachlass auseinandergesetzt werden soll. Über diese Regelungen können sich die Erben einvernehmlich hinwegsetzen. Der Verfügende kann nicht über eine Auseinandersetzungsbestimmung unwiderruflich bestimmen, welcher Erbe welchen Teil erhalten soll. Nur wenn die Erben keine Einstimmigkeit bei der Auseinandersetzung erzielen können ist der letzte Wille des Erblassers bindend.

Möchte der Verfügende eine unwiderrufliche Bestimmung treffen, hat er sich der Einsetzung eines Testamentsvollstreckers zu bedienen oder die Gegenstände im Wege des Vermächtnisses zuzuwenden.

Auch bei der Formulierung der Auseinandersetzungsbestimmung sollte sorgfältig formuliert werden. Eine nicht eindeutige Formulierung kann schnell zu einem nicht vom Verfügenden gewollten Ergebnis, etwa einer Einsetzung zu bestimmten Erbquoten statt einer Ausgleichsverpflichtung der wertmäßig unterschiedlich bedachten Erben führen.

 

Bestimmung der Erben

Der Erblasser hat seine Erben selbst zu bestimmen, er darf die Auswahl nicht einem Dritten überlassen. Einzige Ausnahme: Der Erblasser kann die Auswahl dann einem Dritten überlassen, wenn er zuvor selbst die objektiven Kriterien, die für die Auswahl gelten sollen bestimmt hat. Der zur Auswahl bestimmte Dritte darf dabei keinen eigenen Spielraum haben. Etwas mehr „Spielraum“ hat der Erblasser bei der Einsetzung von Vermächtnisnehmern.

Lesen Sie hierzu unseren Fachbeitrag zum Vermächtnis.

 

Haustier als Erbe

Bekannt geworden durch den Erbfall Moshammer ist die Frage, ob man seinen Nachlass seinem Haustier hinterlassen kann. Tiere gelten vor dem Gesetz als Sachen und können nicht Erbe werden. Ein Haustier kann nicht als Erbe eingesetzt werden. Beabsichtigt der Erblasser dennoch eine solche Zuwendung ist dies über Auflagen oder gar Stiftungen zu lösen.

 

Enterbung

Eine vollständige Enterbung seiner Verwandten ist nur in Ausnahmefällen möglich. Das Erbrecht kennt einen Pflichtteil. Der Pflichtteil beträgt jeweils die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Wird ein Angehöriger des Erblassers enterbt kann dieser den Pflichtteil geltend machen. Auch wenn dem Angehörigen ein Erbteil hinterlassen wird, der kleiner als der Pflichtteil ist kann der Pflichtteilsberechtigte Ergänzungsansprüche geltend machen. Wer diese Bestimmung für sich nicht für verhältnismäßig betrachtet sollte bereits zu Lebzeiten (mit anwaltlicher Hilfe) entsprechend sein Vermögen gestalten.

 

Streitverhinderung durch Schenkung

Verschenkt der Erblasser kurz vor seinem Tod sein gesamtes Hab und Gut um damit einen Streit zu verhindern kann er diesen sogar erst heraufbeschwören. Schenkungen, die die gesetzlichen Erben beeinträchtigen können angefochten werden. Auch bestehen möglicherweise gegen die Beschenkten Ergänzungsansprüche.

 

Nachlassschulden

Der Begriff der Nachlassschulden ist mißverständlich. Die Schulden des Erben sind nur dann auf den Nachlass begrenzt, wenn bei einem überschuldeten Nachlass die Nachlassverwaltung oder die Nachlassinsolvenz oder die Unzulänglichkeitseinrede erhoben worden sind. Nimmt der Erbe hingegen ohne weitere Erklärung den Nachlass an vermengen sich die Vermögensmassen. Der Erbe haftet dann auch für die Schulden des Erblassers. Bei einem überschuldeten Nachlass muss innerhalb von 6 Wochen nach Kenntnis des Erbfalls sorgfältig das weitere Vorgehen geprüft werden.

 

Bei überschuldung des Nachlasses ist das Erbe auszuschlagen

Die Ausschlagung ist eine Möglichkeit zu Verhindern für die Schulden des Erblassers haften zu müssen. Der Erbe, der die Erbschaft allerdings ausschlägt kann an dem Nachlass aber keine Rechte mehr geltend machen. Insbesondere kann er auch keine Erinnerungsstücke des Erblassers, Bilder, Schriften, Zeichnungen, für sich behalten. Es ist deshalb sorgfältig vor der Ausschlagung zu prüfen, ob die Begrenzung der Schulden auf den Nachlass nicht durch Nachlassinsolvenzverfahren, Nachlassverwaltung oder Unzulänglichkeitseinrede erreicht werden kann.

 

Der Erbe muss immer einen Erbschein beantragen

Dies ist nicht richtig. Zwar verlangen Banken, Versicherungen, etc. stets einen Nachweis über die Legitimation als Erbe. Der Alleinerbe kann aber häufig diese Legitimation bei einem notariellen Testament durch Vorlage des Testaments nebst Eröffnungsprotokoll und bei privatschriftlichem Testament durch eine über den Tod hinaus geltende (Vorsorge-)Vollmacht erbringen. Insbesondere bei besonders werthaltigen Nachlässen bietet sich dieses Vorgehen im Hinblick auf die mit dem Erbschein anfallenden Kosten an. Auch ist mit der Beantragung eines Erbscheins erheblicher Aufwand verbunden, es sind eine Vielzahl von Fragen zu klären.

 

Fazit

Es gilt deshalb der Grundsatz sowohl für den Erblasser als auch für den Erben:

Wer spätere Probleme vermeiden will, sollte sich frühzeitig beraten lassen. Das Erbrecht ist streng formal.

Werden die Formvorschriften nicht beachtet, so kann im schlimmsten Fall der letzte Wille des Erblassers nicht berücksichtigt werden.

Will der Erblassers bestimmte Verfügungen treffen, so ist dies oftmals möglich. Es sind dabei aber jeweils die Einschränkungen des Erbrechts zu beachten. Hier kann der Anwalt regelmäßig hilfreiche Tipps geben, um dem Willen des Erblassers zur Geltung zu Verhelfen.

Entsprechendes gilt für den Erben. Nur wer sich frühzeitig über seine rechtlichen Möglichkeiten informiert kann sicher gehen später keine falsche Entscheidung zu treffen. Aufgrund der kurzen Fristen gilt: Je früher desto besser.