Das Vermächtnis

Das Vermächtnis

Der Erblasser kann durch Testament einem anderen, ohne ihn als Erben einzusetzen, einen Vermögensvorteil zuwenden (§ 1939 BGB).

Um den Sinn des Vermächtnisses zu verstehen ist zunächst eine gewisse Grundkenntnis des Erbrechts notwendig:

Das deutsche Erbrecht kennt nur den Grundsatz der Universalsukzession. Dies bedeutet, dass der der Erblasser sein Vermögen an den oder die Erben nur im Ganzen übergeben kann. Eine Zuweisung von Einzelgegenständen oder einzelnen Rechten sind im Rahmen der Erbeinsetzung nicht möglich sondern erst in einem weiteren Schritt im Wege der Auseinandersetzungsanordnung.

Der Erbe selbst wird Rechtsnachfolger des Erblassers. Dies bedeutet, dass er rechtlich unmittelbar an die Stelle des Erblassers tritt, er wird am gesamten Nachlass berechtigt. Mehrere Erben treten gemeinsam an die Stelle des Erblassers und müssen sich gegebenenfalls untereinander abstimmen.

Bei dem Vermächtnis handelt es sich um einen schuldrechtlichen Anspruch des Bedachten (Vermächtnisnehmer) gegen den Erben. Der Vermächtnisnehmer wird nicht Erbe und nicht am Nachlass berechtigt.

Bei der Einsetzung eines Vermächtnisses ist der Erblasser nicht durch den Grundsatz der Universalsukzession beschränkt. Er kann über einzelne oder mehrere Gegenstände verfügen.

Das Vermächtnis ermöglicht es dem Erblasser einem ihm wichtigen Menschen bestimmte Gegenstände zuzuwenden ohne ihn als Erbe einzusetzen.

Das Vermächtnis ermöglicht dem Erblasser aber auch einem Erben bestimmte Dinge zuzuwenden, und so sicherzustellen, dass die vom Erblasser bestimmte Person diesen Gegenstand auch wirklich erhält.

Der Erblasser kann mehrere mit einem Vermächtnis in der Weise bedenken, dass der Beschwerte oder ein Dritter zu bestimmen hat, wer von den mehreren das Vermächtnis erhalten soll (§ 2151 Abs. 1 BGB).

Im Wege des Vermächtnisses ist es dem Erblasser sogar möglich, dass er die Wahl desjenigen, der ein Vermächtnis erhalten soll, auf einen Dritten zu übertragen kann.

Im Gegensatz hierzu hat der Erblasser bei der der testamentarischen Erbeinsetzung seinen Erben so genau bestimmen, dass aufgrund der Bestimmung durch den Erblasser eine Identifizierung des Erben ohne Zutun Dritter möglich ist.

Der Vermächtnisnehmer erhält durch das Vermächtnis einen Anspruch gegen den oder die Erben auf Erfüllung des Vermächtnisses.

Als schuldrechtlichen Anspruch haben der oder die Erben das Vermächtnis zu erfüllen.

Der Vermächtnisnehmer erhält als Vermächtnis den teuren PKW des Erben. Mit dem Erbfall tritt der Erbe an die Stelle des Erblassers, wird als auch Eigentümer des PKW des Erben. Der Vermächtnisnehmer muss nun von dem Erben die Erfüllung des Vermächtnisses verlangen, also Herausgabe und Übereignung. Der Erbe ist aufgrund des Vermächtnisses verpflichtet, den PKW an den Vermächtnisnehmer herauszugeben und zu übereigenen (wenn er keine gesetzlichen Einwendungen hiergegen vorbringen kann).

Bleiben Zweifel, ob der Erblasser ein Vermächtnis oder eine Erbeinsetzung gewollt hatte, ist dies durch Auslegung zu ermitteln.

Gerade bei großen und umfangreichen Vermächtnisansprüchen spricht viel für eine Einsetzung als Erbe statt als Vermächtnisnehmer.

Hat der Erblasser sein Vermögen oder einen Bruchteil seines Vermögens dem Bedachten zugewendet, so ist die Verfügung als Erbeinsetzung anzusehen, auch wenn der Bedachte nicht als Erbe bezeichnet ist. Sind dem Bedachten nur einzelne Gegenstände zugewendet, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass er Erbe sein soll, auch wenn er als Erbe bezeichnet ist (§ 2087 BGB).

Nach der gesetzlichen Auslegungsregel ist bei der Zuwendung einzelner Gegenstände regelmäßig von einem Vermächtnis auszugehen, bei der Zuwendungen mehrere Vermögensgegenstände oder gar des ganzen Vermögens spricht viel für eine Einsetzung als Erbe.

Zu prüfen ist, ob der Erbe dem Begünstigten eine starke Stellung am Nachlass hat einräumen wollen oder diesem lediglich einen Vermögenswert hat zukommen lassen wollte.

Es ist daher bereits bei Verfassung des Testaments wichtig, dass der Erblasser seine Verfügungen exakt bestimmt.

 

Arten von Vermächtnissen

 

Vorausvermächtnis

Das wohl bekannteste Vermächtnis ist das Vorausvermächtnis. Hierbei handelt es sich entgegen dem irreführenden Namen nicht um ein Vermächtnis vor dem Erbfall, sondern um ein Vermächtnis, dass einem (gesetzlichen oder gewillkürten) Erben neben der Erbschaft zugewandt wird.

 

Wahlvermächtnis

Bei dem Wahlvermächtnis bestimmt der Erblasser, dass der durch das Vermächtnis Bedachte selbst oder ein vom Erblasser bestimmter Dritter für den Vermächtnisnehmer einen von mehreren Gegenständen auswählen darf, den der Bedachte dann aus dem Nachlass erhält.

 

Gattungsvermächtnis

Beim Gattungsvermächtnis hat der Erblasser lediglich bestimmt, dass der Bedachte eine Sache einer bestimmten Gattung erhalten soll, die aber den Verhältnissen des Bedachten zu entsprechen hat. Auch hier kann ebenfalls die Auswahl des Gegenstands dem Bedachten oder einem Dritten übertragen sein.

 

Zweckvermächtnis

Beim Zweckvermächtnis ordnet der Erblasser ein Vermächtnis an, dessen Zweck er bestimmt. Die Leistung selbst überträgt er dem durch das Vermächtnis Beschwerten oder einem Dritten. Mit anderen Worten: Der Erblasser bestimmt, für was das Vermächtnis verwendet wird (z.Bsp. Förderung einer bestimmten sozialen Einrichtung), über die konkrete Leistung (Auswahl der Einrichtung) bestimmt aber der Beschwerte oder ein anderer Dritter.

 

Gemeinschaftliches Vermächtnis

Mit dem gemeinschaftlichen Vermächtnis werden mehrere Personen durch den Erblasser bedacht. Trifft der Erblasser keine weitere Bestimmung sind die Bedachten zu gleichen Teilen an dem Vermächtnis berechtigt.

 

Verschaffungsvermächtnis / Vermächtnis fremder Gegenstände

Vermacht der Erblasser einen Gegenstand, der nicht zum Nachlass gehört, hat der Erbe, wenn das Vermächtnis wirksam ist, dem Bedachten diesen Gegenstand zu besorgen und zu übergeben.

Kann der Erbe den Gegenstand nicht mit zumutbaren Mitteln verschaffen, ist der Wert des Gegenstands an den Bedachten zu leisten.

 

Forderungsvermächtnis

Beim Forderungsvermächtnis wendet der Erblasser dem Bedachten statt eines Gegenstands eine zu seinem Nachlass gehörende Forderung zu.

 

Erfüllung des Vermächtnisanspruchs

Das Vermächtnis ist durch den sogenannten Beschwerten zu erfüllen. Dies ist regelmäßig der Erbe bzw. die Erbengemeinschaft.
Beschwerter kann aber auch ein anderer Vermächtnisnehmer sein.

Der durch das Vermächtnis Begünstigte hat gegen den Beschwerten einen schuldrechtlichen Anspruch auf Erfüllung des Vermächtnisses

Der Erbe kann sich u.a. dann gegen den Vermächtnisanspruch zur Wehr setzen, wenn durch das Vermächtnis der gesetzliche Pflichtteil des Erben (dieser entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils) beschränkt wird.

 

Pflichten des Vermächtnisnehmers

Durch das Vermächtnis werden für den Vermächtnisnehmer gegenüber dem Nachlass oder den Erben keine Pflichten begründet.

Der Vermächtnisnehmer haftet auch nicht gegenüber den Gläubigern des Erblassers.

Ist eine Verwaltung des Nachlasses angeordnet wird der Vermächtnisanspruch hierdurch ebenfalls nicht berührt.

Beim überschuldeten Nachlass ist aber stets zu prüfen, ob die Erfüllung des Vermächtnisses eine nicht zu billigende Beeinträchtigung der Nachlassgläubiger darstellt.

In einem solchen Fall kann aufgrund der Regelungen der Insolvenzordnung oder des Anfechtungsgesetz das Vermächtnis angegriffen und gegebenenfalls der Vermächtnisanspruch beseitigt werden.