Pflichtteilsstrafklausel – wann greift die Klausel?

Pflichtteilsstrafklausel – wann greift die Klausel?

Das Oberlandesgericht Rostock hatte sich in seinem Beschluss vom 11.12.2004 (Az. 3 W 138/13) mit der Frage auseinanderzusetzen, ab welchem Zeitpunkt die Pflichtteilsstrafklausel greift.

„Sollte einer unserer Abkömmlinge auf Ableben des Erstversterbenden von uns seinen Pflichtteil geltend machen, soll er auch beim Ableben des Längerlebenden nur seinen Pflichtteil bekommen“.

In dieser oder ähnlicher Form finden sich unzählige Pflichtteilsstrafklauseln in Ehegattentestamenten.
Die Klausel soll die Abkömmlinge davon abhalten, den Nachlass, der dem überlebenden Ehegatten als Alleinerbe zugewandt wurde, mit dem Pflichtteil zu beschweren. Häufiges Ziel ist es dabei, den Erben nicht zu zwingen die nicht liquiden Vermögensgegenstände, meist die Immobilie, Veräußern oder Belasten zu müssen.

In dem durch das OLG Rostock zu entscheidenden Fall, hatte die Tochter ihren Pflichtteil geltend gemacht nachdem sie erfahren hatte, dass die Eltern sich als Alleinerbe gegenseitig bedacht hatten, aber noch bevor das Testament eröffnet wurde.

Mit der Eröffnung des Testaments erfuhr sie von der Strafklausel und verfolgte ihre Pflichtteilsansprüche nicht weiter. Das OLG Rostock entschied, dass die Tochter nicht mit dem zweiten Erbfall enterbt sei, die Klausel nicht greife. Unmittelbar nach Kenntnis von der Klausel nahm die Tochter Abstand von der Forderung auf ihren Pflichtteil, die Strafklausel komme nach Ansicht des Gerichts daher nicht zum Tragen.

Tipp: Strafklauseln haben die Rechtsprechung bereits häufig beschäftigt. So waren bereits Fragen, ob das bloße Verlangen der Pflichtteilsauskunft ausreiche bereits Gegenstand von Entscheidungen, wie auch ob eine Rückzahlung die Klausel rückwirkend wieder entfallen lasse.
Bei der Verwendung von solchen Klauseln ist Vorsicht geboten. Je nach Umfang und Struktur des Nachlasses kann es sinnvoll sein, wenn die Abkömmlinge ihren Pflichtteil geltend machen um den Anfall von Erbschaftssteuer zu verhindern oder zu reduzieren. Es sollte daher genau die Formulierung der Klausel bedacht werden, bestimmt werden, ob mit der Klausel bereits auf das Auskunftsverlangen abzustellen ist, oder erst auf das Leistungsverlangen. Auch sollte geregelt werden, was im Falle der Rückzahlung des Pflichtteils geschehen soll, ob hier ein „Rücktritt“ möglich sein soll.

Aus Sicht des Pflichtteilsberechtigten sollte abgewogen werden, ob der Pflichtteil trotz Strafklausel geltend gemacht wird. Der Erbe läuft bei Nichtgeltendmachung stets in die Gefahr, dass er zwar Erbe des zweiten Ablebens wird, der Nachlass dann aber nicht mehr oder nur in geringem Umfang noch vorhanden ist, so dass die Geltendmachung des Pflichtteils von Vorteil sein kann. Auch sollte Abgewogen werden, ob vor Geltendmachung des Pflichtteils die Eröffnung des Testaments abgewartet werden sollte, um Kenntnis von dessen Inhalt zu erhalten.

Sowohl für die Testierenden wie auch für die Pflichtteilsberechtigten eines Erbfalls empfiehlt sich daher den Rat eines Fachanwalts für Erbrecht einzuholen.