Bleibt eine Schenkung bei Erbverzicht eine Schenkung?

Bleibt eine Schenkung bei Erbverzicht eine Schenkung?

Der Kläger verlangte von seiner Tochter die Rückübertragung von Grundbesitz, welchen er ihr zu einem früheren Zeitpunkt geschenkt hatte. Die Tochter wandte dagegen ein, dass es sich bei der Übertragung des Grundbesitzes nicht um eine Schenkung gehandelt habe, sondern um eine Gegenleistung für den von ihr mit der Übertragung erklärten Erb- und Pflichtteilsverzicht.

Eine Schenkung kann zurückgefordert werden, wenn der Schenker selbst zwischenzeitlich verarmt ist und seit der Schenkung noch keine 10 Jahre vergangen sind. Eine Schenkung kann auch – zeitlich unbefristet – widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers groben Undanks schuldig macht.

Ob es sich bei der im Zusammenhang mit dem Erb- und Pflichtteilsverzicht gewährte Zuwendung um eine Schenkung oder eine Gegenleistung handelte, hatte der BGH mit seinem Urteil vom 07.07.2015 (Az. X ZR 59/13) zu entscheiden.

Entscheidend ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs der Wille des Erblassers. Kommt es dem Erblasser in erster Linie darauf an, dass die Zuwendung erfolgt, weil der Empfänger auf seinen Erbteil und Pflichtteil verzichtet, handelt es sich um eine entgeltliche Leistung.
Steht dagegen die freigiebige Hingabe im Vordergrund, handelt es sich um eine Schenkung. Der Erbverzicht sei dann lediglich eine besondere Form der Anrechnung.

Fazit: Entscheidend zur Abgrenzung zwischen Schenkung und entgeltlichem Vertrag ist danach der Wille des Erblassers. Dieser sollte in jedem Fall in entsprechenden Verträgen herausgearbeitet werden.

Die Entscheidung des BGH hat dabei nicht nur in den Rechtsverhältnissen zwischen Erblasser und Leistungsempfänger erhebliche Bedeutung und wird in Zukunft zu beachten sein. Auch im Rahmen von Elternunterhaltsansprüchen sehen sich die Beschenkten Kinder häufig Rückforderungsansprüche des Geschenkes wegen Verarmung des Schenkers ausgesetzt, nämlich dann, wenn der Schenker aufgrund seines Alters und Gesundheitszustands in ein Pflegeheim umziehen muss und sein Vermögen zur Deckung der laufenden Kosten nicht mehr ausreicht. In diesem Fall leitet das Sozialamt diese Ansprüche auf sich über und prüft auch eine Rückforderung der Schenkung.

Es ist daher dringend anzuraten, sich bei der Vertragsgestaltung auch unter diesem Blickpunkt fundierten anwaltlichen Rat einzuholen.