Auslegung des Testaments bei ungenauer Bezeichnung der Erbteile

Auslegung des Testaments bei ungenauer Bezeichnung der Erbteile

Das OLG Karlsruhe hat sich in seinem Beschluss vom 08.02.2011 (Az. 14 Wx 52/10) mit folgendem Sachverhalt befasst:
Der Erblasser hatte in seinem Testament 3 Erben, jeweils gemeinnützige Vereine, zu seinen Erben eingesetzt, dabei aber die jeweiligen Erbquoten ungenau bezeichnet. Er hatte statt einer Quotenangabe für die Bestimmung der jeweiligen Größe des Erbteils die Begriffe „ein bedeutender Betrag“, „ein großer Teil“ und „ein Teil“ verwendet.
Unter den Erben entstand Streit über die jeweiligen Erbquoten.
Das Testament war auszulegen. Durch die Auslegung der testamentarischen Verfügung soll der wirkliche Wille des Erblassers erforscht werden. Es soll geklärt werden, was der Erblasser mit seinen in der Verfügung gewählten Worten tatsächlich sagen wollte. In einem nicht eindeutigen Testament ist im Rahmen der Auslegung nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, es ist der Wortsinn der vom Erblasser gewählten Formulierung zu ergründen. Maßgeblich ist das zu ergründende subjektive Verständnis des Erblassers der von ihm verwendeten Begrifflichkeiten.
Das OLG Karlsruhe kam in dem von ihm zu entscheidenden Fall zu folgendem Ergebnis:
Unter den gewählten Begrifflichkeiten „ein bedeutender Betrag“, „ein großer Teil“ und „ein Teil“ ist ein Stufenverhältnis festzustellen.
Der Nachlass bestand im konkreten Fall aus einer Immobilie, die verkauft werden sollte, und einem Geldbetrag.
Der Begriff „ein bedeutender Betrag“ spricht zwar zunächst dafür, dass dem Erben nur ein Geldvermächtnis zugewandt worden ist, da er einen Betrag und nicht einen Teil erhalten sollte.
Unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Erben den zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments davon ausgegangen waren, dass die Wohnung verkauft werden sollte, sah das OLG Karlsruhe zwischen den gewählten Begrifflichkeiten „ein bedeutender Betrag“ und „ein großer Teil“ keinen qualitativen Unterschied, so dass die beiden Erben zu gleichen Quoten eingesetzt waren.
Einen qualitativen Unterschied sah das Gericht hingegen bei der Verwendung der Begriffe „ein bedeutender Betrag“ bzw. „ein großer Teil“ und „ein Teil“, so dass der einen Teil eingesetzte Erbe mit einer geringeren Quote als die beiden anderen Erben eingesetzt war.